Die unsichtbaren Frauen am Arbeitsplatz
Die Menopause erklärt
Die Menopause, auch Wechseljahre genannt, ist eine wichtige Lebensphase für Frauen. In dieser Phase stellen die Eierstöcke ihre Funktion ein und die Hormonproduktion nimmt ab. Dieser natürliche Prozess kann von Symptomen wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen und körperlichen Veränderungen begleitet sein. Das Durchschnittsalter für den Beginn der Wechseljahre liegt bei etwa 50 Jahren, ist aber individuell verschieden.
Ein gutes Verständnis der Wechseljahre ist für Personalverantwortliche wichtig, um die Bedürfnisse und Herausforderungen ihrer Mitarbeiterinnen besser zu verstehen.
Der Effekt der Stigmatisierung
In vielen Arbeitsumgebungen wird die Menopause nicht offen angesprochen, und Frauen neigen dazu, sich nicht zu öffnen. Der Mangel an Kommunikation und Unterstützung führt zu einer tief verwurzelten Stigmatisierung, die schwerwiegende Auswirkungen auf das Arbeitsklima hat. Da Frauen zögern, über ihre Erfahrungen zu sprechen und keine angemessene Unterstützung erhalten, leiden sie oft im Stillen. Dieser stille Kampf verstärkt nicht nur das Gefühl der Isolation, sondern führt auch dazu, dass viele Frauen schliesslich ihren Arbeitsplatz verlassen. Die Auswirkungen der Stigmatisierung äussern sich nicht nur in persönlichem Leid, sondern haben auch weitreichende Folgen für die berufliche Entwicklung und das Wohlbefinden von Frauen in der Arbeitswelt.
Auswirkungen der Menopause am Arbeitsplatz
Die Auswirkungen der Menopause am Arbeitsplatz manifestieren sich in verschiedenen Bereichen, wobei drei Hauptpunkte besonders hervorstechen: Absentismus, Präsentismus und Leavisme.
Absentismus, der durch steigende ungeplante Abwesenheiten gekennzeichnet ist, zeigt sich oft bei Frauen in den Wechseljahren. Überraschenderweise resultieren diese Abwesenheiten in weniger offiziellen Krankschreibungen, da viele Frauen sich nicht wohl fühlen, ihre Menopause-bezogenen Beschwerden als Grund für eine Krankmeldung anzugeben.
Beim Präsentismus kommen Mitarbeiterinnen trotz starken Symptomen zur Arbeit, um ihre Aufgaben zu erledigen. Obwohl dieser Einsatz lobenswert ist, kann dies zu einer höheren Fehlerquote führen, da die physischen und emotionalen Belastungen die Arbeitsleistung negativ beeinflussen können.
Die Entscheidung von Frauen, nicht zur Arbeit zu gehen, weil sie sich unwohl fühlen, wird als Leavismus bezeichnet. Dabei nutzen Frauen vermehrt Gleitzeit, Jahresurlaub, Ruhetage und anderen Urlaubsregelungen, um freizunehmen, wenn es ihnen tatsächlich zu schlecht geht, um zur Arbeit zu gehen
Insgesamt verdeutlichen diese drei Aspekte, dass die Menopause am Arbeitsplatz nicht nur physische und emotionale Herausforderungen mit sich bringt, sondern auch die herkömmlichen Modelle von Abwesenheit und Präsenz herausfordert, wodurch eine umfassendere und unterstützende Arbeitskultur notwendig wird.
Menopause und Fachkräftemangel in der Schweiz
Der Fachkräftemangel in der Schweiz wird zunehmend von einer vernachlässigten, aber entscheidenden demografischen Gruppe beeinflusst: den über 45-jährigen Frauen, die den am schnellsten wachsenden Anteil der Erwerbstätigen ausmachen und rund ein Drittel ihres Erwerbslebens in den Wechseljahren verbringen werden. Jeden Tag scheiden in der Schweiz rund 200 Frauen aus dem Erwerbsleben aus und gehen in die Pension. Obwohl oft vom Fachkräftemangel die Rede ist, greift die gängige Lösung, sich durch «Employer Branding» für die junge Generation attraktiv zu machen, zu kurz. Die zahlenmässige Lücke, die durch junge Arbeitskräfte geschlossen werden soll, reicht bei weitem nicht aus.
Paradoxerweise bauen wir gleichzeitig Barrieren für Frauen über 45 auf. Der Wirtschaft gehen erfahrene Mitarbeiterinnen in erheblichem Umfang verloren. Von den Frauen in der Menopause beenden bis zu 15 % ihre berufliche Laufbahn und weitere bis zu 30 % reduzieren ihre Arbeitszeit oder suchen sich ein besseres Unternehmen. Diese alarmierenden Zahlen, werden durch diverse Studien bestätigt.
Wirtschaftliche Auswirkungen auf Firmen
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Menopause auf Firmen sind erheblich. Die Kosten für den Ersatz einer «verlorenen» Mitarbeiterin belaufen sich auf etwa die Hälfte und mehr ihres Jahresgehalts. Allein in der Schweiz belaufen sich diese Kosten, die durch das Ausscheiden von Frauen in den Wechseljahren entstehen, auf über 2 Milliarden Franken.
Auch die Produktivität nimmt deutlich ab, wobei die weltweiten Produktivitätsverluste durch die Menopause auf 150 Mrd. USD pro Jahr geschätzt werden.
Besonders kritisch ist der Verlust qualifizierter Frauen für die C-Ebene, da viele aufgrund mangelnder Unterstützung das Unternehmen verlassen oder auf eine Promotion verzichten. Dies führt nicht nur zu einem Verlust an Vielfalt in Führungspositionen, sondern auch zu einem Verlust an Erfahrung und Fachwissen.
Chancen für Firmen
Die Menopause, obwohl mit Herausforderungen verbunden, bietet auch bedeutende Chancen für Unternehmen, die diese Lebensphase ihrer Mitarbeiterinnen aktiv angehen. Unternehmen, die sich für eine unterstützende und aufgeklärte Kultur engagieren, können einen klaren Wettbewerbsvorteil erlangen. Durch die Implementierung von gezielten Massnahmen zur Unterstützung von Frauen in den Wechseljahren können Unternehmen nicht nur die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiterinnen fördern, sondern auch ihre Produktivität steigern.
Die Einführung flexibler Arbeitsmodelle, spezifischer Ressourcen und Schulungen für Führungskräfte zur Sensibilisierung für die Bedürfnisse von Frauen in dieser Lebensphase kann dazu beitragen, den Talentpool zu erhalten und die Mitarbeiterbindung zu stärken. Eine offene Kommunikation über die Menopause schafft zudem ein inklusives Arbeitsumfeld, das die Vielfalt fördert und den Mitarbeiterinnen das Vertrauen gibt, offen über ihre Bedürfnisse zu sprechen.